Es ist schwierig allgemeingültige Aussagen über das Gesundheitswesen zu treffen. Dafür ist schon der Begriff zu umgangssprachlich und vielschichtig und die Branche zu groß. Da ist zum einen der hoch angesehen und gut bezahlte Arztberuf, der mit positiven Zuschreibungen so aufgeladen ist, dass er sogar für Fernsehserien unterschiedlicher Genres taugt. Zum anderen die Pflege, die untrennbar mit schlechter Bezahlung bei gleichzeitig chronischer Überlastung und enormer Verantwortung verbunden wird. Für beide Bereiche ist Geld in Bezug auf Löhne und Ressourcen ein wichtiges Thema. Die Verantwortlichen dafür spielen aber keine Rolle im Fernsehen bzw. bei Netflix. „Fallkostenpauschale – die coolen Krankenhausmanager“ ist der Titel einer Serie, die es wahrscheinlich niemals geben wird.
Attraktive Branche für Ökonomen
Dabei ist die Gesundheitsbranche auch für Betriebs- und Volkswirte eine interessante Option. Wir zitieren die Einleitung der Schrift „Gesundheitswirtschaft. Fakten & Zahlen. Daten 2020“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie:
„Die deutsche Gesundheitswirtschaft erwirtschaftete im Jahr 2020 rund
12,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dies entspricht in etwa jedem achten Euro des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Gleichzeitig ist sie Arbeitgeber für rund 7,4 Millionen Menschen in Deutschland. Darüber hinaus sind ihr rund 8,8 Prozent der gesamtdeutschen Exporte zuzuschreiben (….) Die zentralen ökonomischen Kennzahlen der Gesundheitswirtschaft weisen im Vergleich zur Gesamtwirtschaft langfristig überdurchschnittliche Wachstumsraten auf.“
Unabhängig von der Konjuntur geht's aufwärts
Auch wenn die Gesundheitsbranche nicht isoliert ist und ihre positiven Entwicklungen auf andere Wirtschaftszweige abstrahlen, scheint sie von der gesamtwirtschaftlichen Konjunktur entkoppelt zu sein.
„Die Wertschöpfungsquote der Gesundheitswirtschaft (das Verhältnis von Bruttowertschöpfung zu Produktionswert) liegt bei ca. 58 Prozent. Dies ist ein im Vergleich zur Gesamtwirtschaft überdurchschnittlicher Wert.“ (ebd. S. 11)
Ein Aspekt, mit dem sich diese positive Entwicklung begründen lässt, ist die alternde Gesellschaft, die unabhängig von Inflation oder Rohstoffknappheiten zuverlässig Bedarfe produziert.
Management-Aufgaben mit Sinn!
Wir reden also von einer krisensicheren Branche, die viel Geld bewegt. Hinzu kommt ein Aspekt, der insbesondere in der jungen Generation (Z) der ab 1995 Geborenen relevant ist: Sinn. Den Arbeitskräften der Zukunft ist es vor allem wichtig, etwas Sinnvolles zu tun und hier kann das Gesundheitswesen gegenüber der Finanzwirtschaft oder Konsumgüterherstellern punkten.
Nun heilt ein Manager niemanden, aber er schafft mit seiner Arbeit die Grundlage dafür. Indem Manager Prozesse gestalten, Ressourcen mobilisieren und sinnvoll zuweisen, ermöglichen sie dem medizinischen Personal die Arbeit. Jede administrative Tätigkeit, die ein Manager einem Arzt oder Pfleger abnimmt, schafft Kapazitäten, die direkt den Patienten zugutekommt. Das Gleiche gilt für Mittel, die kaufmännische Kolleginnen generieren, effiziente Workflows, die sie mitgestalten und Ressourcen, die sie organisieren.
Den Nachwuchs erwarten spannende Herausforderungen
Zudem bietet die Gesundheitsbranche vielfältige, spannende Herausforderungen, denn tiefgreifende Transformationen sind in naher Zukunft unerlässlich. Digitalisierung und Employer Branding sind nur zwei große von vielen Stichwörtern, die in diesem Zusammenhang fallen müssen.
Gesundheitsökonomen und Kaufleute im Gesundheitswesen werden gebraucht, um ein funktionierendes Gesundheitswesen der Zukunft mitzugestalten. Und auch Quereinsteiger sind willkommen. Personal und Finanzen sind Bereiche, in denen ein Quereinstieg besonders gut möglich ist.
Hidden Champions
Nachdem Virologen zuletzt unverhofft und z.T. unerwünscht zu Popstar-Status gelangt sind, sind ja vielleicht die Manager im Hintergrund die nächsten, die im Licht der Öffentlichkeit stehen und als Role Model neue kluge Köpfe anziehen. Das ist unwahrscheinlich und zum Glück auch nicht entscheidend, aber das hätte man bis vor kurzem auch über Virologen gesagt. Allerdings würden wir uns dafür erfreulichere Anlässe wünschen. Vielleicht klappt es dann ja doch noch mit der Netflix-Serie.